Die ecclesiogene bzw. religionsbedingte Manie
Was die Airlines zurzeit am meisten beunruhigt, ist diese Erkrankung – wenn sie einen Piloten befällt. Sie tritt im Rahmen einer Depression auf und ist der innerpsychische Versuch des Patienten, die negative Verstimmung unwirksam werden zu lassen. Sie kann vor oder nach einer Depression auftreten, in langräumigem Wechsel mit ihr oder beinahe zeitgleich in einem sog. „Mischzustand“. Oft dauert eine Manie Monate.
Eine schwere Depression ist oft ecclesiogen, denn was irritiert Kinder mehr als der christliche Glaube? Dessen Dogma: An einem sog. Jüngsten Tag werde von Jesus eingeteilt: Himmel oder Hölle. Und dort wird nach geltendem Dogma mit Feuer gefoltert, lt. Matthäus in einem „Folterofen“. Das schreiben uns auch Bischof Nikolaus Schneider (EKD) und das Erzbistum Paderborn mit seinem Partner, dem Betanien Verlag. Im Buch „Wie wird es in der Hölle sein?“ beschreibt Autor Deppe unseren Kindern die Gnade Jesu: „Welche Gnade ist für Sünder jedes nicht brennende Körperteil“. Die Gnade des Evangeliums, die Gnade eines Retters kommt halt nicht jedem zuteil. Unter Hitler, so Deppe, sei es teils weniger schlimm gewesen als es in der Hölle Jesu sein werde (Seite 53). Das Kirchendogma Hölle, von der Gesellschaft wegschauend toleriert, hält kein Kind aus. Der Pilot Andreas L. trug in der Kinderzeit Kirchenzeitungen aus.
Dieses Dogma führt nach einer neurotischen Latenzphase (nach S. Freud) den jungen Erwachsenen in die schwerste Depression, die wir kennen, die ecclesiogene. Nirgendwo sonst ist sie so stark, nirgendwo ist die reaktive Manie so stark ausgeprägt. In der depressiven Phase lenkt man zumeist kein Flugzeug in ein Alpental. Die aufkommenden Schuldgefühle sind für eine derartige Tat einfach zu stark. In der überschwappenden Manie jedoch besteht nach einem oft wochenlangen heiteren Zustand ein religiöses Hochgefühl. Man meint, Gottes Willen zu kennen, man „weiß“ sich nach dem Tod im Gegenteil der so angstbesetzten Hölle: im Himmel. Der Tod, in den man auch andere Menschen hineinreißt, wird zu einer Nebensächlichkeit, ja zu einem Glück. Man glaubt, die Sünden seien durch den Tod, einen Märtyrertod vergeben. Einen Eindruck über ecclesiogene Erkrankung vermittelt Der Spiegel 21/164 („Krank im Glauben“), eine ausführliche Beschreibung erfolgt im Buch „Das Sacco-Syndrom“.
In der Wohnung des Piloten Andreas L. fand man Psychopharmaka, wie sie gegen Erregungszustände und auch gegen eine Manie eingesetzt werden: Schlafmittel und Neuroleptika. Am 1.4.2015 kam die Nachricht: L. war 2 Wochen krankgeschrieben, wohl wegen einer manisch-depressiven Erkrankung. Im irrigen Hochgefühl des völligen Gesundseins zerreißt ein manisch Erkrankter auch seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Er traut sich alles zu. Besonders das Fliegen, seinen Beruf. Plötzliche „Assoziationen“ können jedoch bewirken, dass in Sekundenschnelle Entscheidungen getroffen werden, die der Umwelt später nicht begreiflich sind. So unfassbar und grausam wie die schulisch und kirchlich erlernte Religion kann auch eine Handlung in dieser Wahnerkrankung sein. Der Wahn der Religion (der Wahn Himmel) wird zum Wahn im Cockpit. Immer wenn religiöser Wahn in eine ecclesiogene Manie führt, ist der Erkrankte ab diesem Zeitpunkt schuldunfähig. Der „Zug ist abgefahren“. Schuld an den dann stattfindenden Katastrophen haben die Amtskirchen, weil sie an ihrem Gebäude Folterhölle in finanziellem Eigennutz festhalten. L. mag auch Schuldgefühle wegen seiner sexuellen Orientierung gehabt haben. Auch die Delinquenzentstehung, die Geburt von Verbrechern und Verbrechen, hat ihre Wurzeln oft im Höllenglauben. Eine religiöse Hoffnungslosigkeit führt dann in die Anomie (nach E. Durkheim).
Therapeutisch ist eine EAT, eine ecclesio-adversative Therapie sinnvoll. Hier wird dem Erkrankten das Trauma Hölle wieder in das Bewusstsein gerufen. Die ewige Hölle ist bei ihm, da nicht auszuhalten, tief verdrängt. Nie habe er über Hölle nachgedacht, so meint er. Der Wahn des Ewigkeits-KZs Hölle wird in der EAT ad absurdum geführt. Sollte Gott, der die Liebe ist, wirklich grausamer sein als Adolf Hitler? Die Bibel wird als orientalisches Märchenbuch identifiziert, als das Friedrich der Große es schon betitelte. Der Höllenglaube ist entweder eine Projektion, also analytisch zu begreifen, oder Politik – und damit ein wirtschaftlich Zweck. Die Kirchen sind die bisher erfolgreichste Geschäftsidee, so die Kirchenzeitung idea-Spektrum. Ja Bischof Schneider gibt im Spiegel-Interview zu: Die Hölle sei das Kirchen-„Geschäft mit dem Jenseits“ (Der Spiegel, Nr. 43, 2014).“ Es ist ein Geschäft mit in den Alpen zu beobachtenden Nebenwirkungen. Gern halte ich Vorträge über das Sacco-Syndrom.