Wer ist Gott wirklich?

Es ist wirklich beides: Wichtig und müßig, sich über diese Frage Gedanken zu machen. Uns zeigt sich dieser lebendige Gott ja nicht. Seit es moderne Medien gibt, ist er stumm und gleichzeitig unsichtbar. Das spricht sehr dafür, dass Erscheinungen Gottes oder Offenbarungen seines Willens in das Gebiet von Märchen fallen. Schon Friedrich der Große hielt ja die Bibel für ein Orientalisches Märchenbuch. Also definieren wir Gott  doch einfach. Gott ist die bedingungslose Liebe. Man kann demnach auf den Gottesbegriff verzichten und schlicht von der Liebe reden. Doch das ist in unserer  hochgläubigen Gesellschaft nicht möglich. Vielleicht in 50 oder 100 Jahren. Heute flößt der Gesellschaft ein Leben ohne den Begriff Gott noch die größten Schrecken ein. Man könne sich ja versündigen – und das mit der Konsequenz einer erheblichen jenseitigen Strafe. Die Macht der Religionsverteter basiert auf dieser Angst. Die ewige Hölle, so verdrängt sie auch ist, ist eine Gelddruckmaschine. 

Diese unsere Gesellschaft ist hochgläubig. Daran ändern auch Kirchenaustritte kaum etwas. Psychisch Kranke meiden einen Besuch bei einem Arzt, der Kirche und „Gott“ ablehnt. So ein Besuch gilt ihnen nahezu  als Sünde. Es ist richtig und notwendig für einen Therapeuten, ein neues Gottesbild in seiner Seele zu haben, eines, das sich  auch mit den Erfahrungen aus dem Dritten Reich verträgt. Wo war, wo half Gott in Auschwitz? „Er ist im Urlaub“, sagten die Juden. Wer Menschen „schöpft“, der trägt für sie die volle Verantwortung. Da bleibt uns nur ein Gott der bedingungslosen Liebe – und der ist außerhalb unseres Ichs und des Ichs unserer Mitmenschen kaum vorstellbar. Ich machte vor Jahren ein Gedicht:

Über den Wolken

Doktor, als Kind wars schön, dies stille Gebet in der Nacht, wo Hans so krank war, wo ers so schwer mit dem Magen hatte damals, dies Gebet, er möge helfen, s war Hilfe für mich in der Not – und Hilfe für mein Kind , s wär schad, wenns nicht son Gott hätte, was meinen Sie, Doktor.

Ja, ist schön fürn Kind, immer jemand zu haben – auch wenns alleine ist, immer jemand haben zum Danken und Bitten, s Kind sollte nur wissen, dass er nicht immer helfen kann, auch wenn ers möchte nicht immer kann, unds Kind sollte auch wissen, dass Gott die Liebe ist, stark und manchmal schwach, wie die Liebe nun mal ist, und dass sie in jedem Menschen ist, mal mehr, mal weniger, und dasses Kind immer einen Menschen bitten kann in der Not und weiß, es ist dann auch immer Gott, den man da bittet, die Liebe im Menschen, Gott im Menschen, und das kann ja auchn Trost sein, und vielleicht ist die Hilfe dann auch greifbarer, die Gotteshilfe, wenn sie vom Menschen her kommt, greifbarer als eine Hilfe von einem zwar nahen, aber doch so fernen Gott, einem Gott in den Wolken, über den Wolken.

Der oben skizzierte  Gott geschieht selten im Gottesdienst, er geschieht draußen, in zwischenmenschlichen Beziehungen, in der Hilfe von Mensch zu Mensch, in der guten Nachbarschaft, im Zurückstellen eigener Bedürfnisse, in der ständigen Sorge um den Mitmenschen. In der Sorge auch um den Andersartigen, um den Ausländer und den Andersfarbigen. Das ist Gott. Er ist in uns, wenn wir lieben. Äußerlich sieht er vielleicht so aus, wie es in der Seele eines guten Menschen aussieht – wenn er überhaupt ein Äußeres hat. Ich kenne auch einige Atheisten, die mit diesem Gottesbild  gut umgehen können. Und unsere Kinder? Etwa 600 Rache- bzw. Gewalttaten dieses „Gottes“ zählte Bischöfin Käßmann in der Bibel. Kinder macht er krank, da sie Realisten sind, die Holocauste wie die Sintflut nicht verstehen und nicht gutheißen, sondern als exzessive Gewalt wahrnehmen, ganz im Gegensatz zu verdrängenden Erwachsenen. Käßmann sieht in der Flutstory einen Akt Gottes, der Kindern letztlich (über einen Regenbogen) Gottvertrauen bringe. Das ist paranoid.  Gott einen Holocaust anzuhängen, der definitiv nicht stattfand. Es ist Gotteslästerung. Der berühmte Regenbogen vor 6000 Jahren, das wissen heutige Kinder, war kein Zeichen Gottes. Sie lernen: Regebögen entstehen durch Lichtbrechungen. Und: Naturkatastrophen schickt der liebe Gott nicht.

Es gibt jüngere Pastoren, die offiziell einen liebevollen Gott schon heute predigen. Aber Vorsicht: Schuld, Angst und Hölle kommen bei ihnen oft durch die Hintertür. In einer Weihnachtspredigt äußert ein Pastor 2010: „So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eigenen Sohn hingab.“ Das ist nicht wirklich modern, denn ein liebevoller Vater-Gott hätte nie jemanden an ein Kreuz hingegeben, so Papst Benedikt. Und später: „Wer sich in der Liebe verliert, der ist nicht verloren.“ Hier kommt das Verlorensein (in der ewigen Hölle) hübsch und vornehm weihnachtlich verpackt, aber dennoch hochpathogen daher (Quelle: Zeitung „Die Welt“ vom 27.12.2010).

Ein Rachegott ist der „neue“ Gott nicht. Rache ist ja eine der 7 Todsünden.  Sie ist eine menschliche Erfindung. Im Juden- wie im Christentum sollte diese Erfindung  da rächen, wo Gläubigen das nicht möglich oder nicht erlaubt war. Das ist wiederum eine elegante Reklame: Ein kleines, unterdrücktes  Volk und ein schwacher Mensch sind manchmal froh, dass doch noch gerächt wird. Der Trick (Gott spricht: die Rache ist mein)  diente zu allen Zeiten aber auch dem kirchlichen Establishment, auf Erden vor rächenden Vergeltungsanschlägen durch seine Untertanen sicher zu sein. Und dass man selber sehr wohl in den Himmel kommt, das war und ist Kirchenoberen sowieso immer ziemlich klar. Darum waren und sind sie ja bei der Kirche und dienen „Gott“ ein ganzes Leben.

Wer ist Jesus wirklich? Auch hier ist die Antwort nicht möglich und die Frage sollte nicht überbewertet werden. Auch Jesus kann man als die Liebe definieren. Er ist Kind Gottes, wie wir es alle letztlich sind. Jesus in seinem Willen zu lieben nachzueifern, ist der Wunsch eines christlichen Menschen oder, um es ökumenisch auszudrücken: Eines die Liebe ständig versuchenden Menschen. Große Diskussionen, wer Jesus wirklich war, kann man sich ersparen. Sie führen nicht weiter. Des Lesens und Schreibens nicht mächtig, hat er uns nichts hinterlassen können.